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Para Boccia DM gerät durch Corona-Sonderregelungen zur Farce

KOMMENTAR

Endlich wieder Boccia – egal wie. Unter diesem Motto fanden vor zwei Wochen die 17. Deutschen Meisterschaften im paralympischen Boccia statt. Schon im Vorfeld hatten zwei stark fragwürdige Entscheidungen des Ausrichters, des Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (BVKM), für Diskussionsstoff gesorgt. So wurde das Qualifikationsturnier nur einen Tag vor der Meisterschaft durchgeführt und für die Klassen BC1, BC2 und BC3 entschied man sich sogar dafür, die Grundregeln des Spiels zu verändern und die Spieler*innen aus anderen Wurfboxen als gewöhnlich spielen zu lassen. Hinzuzufügen ist zudem, dass letztere Entscheidung ohne Rücksprache mit dem Aktivensprecher der Abteilung Para Boccia des Deutschen Behindertensportverband (DBS), Bastian Keller, getroffen wurde.

Aus Sicht des Autors lässt sich im Ergebnis feststellen, dass sich die Kritikpunkte, die im Vorfeld bei beiden Entscheidungen durch verschiedene Seiten vorgebracht wurden leider bewahrheiteten.

Die Endergebnisse aller Klassen zeigen, dass die Doppelbelastung durch zwei Turniere zu einem klaren Wettbewerbsvorteil für bereits qualifizierte Sportler*innen geführt hat. In Zahlen ausgedrückt: Zwei Drittel der Podiumsplätze wurden durch Spieler*innen belegt, die nur an einem Turnier teilnahmen. Betrachtet man nur die werfenden Klassen, so haben es insgesamt nur zwei der am Vortag Qualifizierten knapp auf Platz drei geschafft. Alle anderen Plätze wurden unter den durch die Meisterschaften von 2019 qualifizierten Bocciaspieler*innen verteilt.

Die Änderung der Wurfboxen führte zu einem anderem Charakter der Spiels. So konnte beispielsweise bei den Rampenspielern ungewöhnlich oft beobachtet werden, dass der Jack seitlich ins Aus gespielt wurde. Im Endeffekt ging es eben nicht mehr nur darum, wer am besten Boccia nach den offiziellen Regeln spielt, sondern auch darum, wer es am schnellsten schaffte, sich den neuen BVKM-Bedingungen anzupassen. Insbesondere im Behindertensport in den Augen des Autors ein absolutes No-Go, wenn es darum gehen soll maximale Chancengleichheit zu wahren.

Ein nicht minderes No-Go stellt aber die Begründung dieser Regelung dar. Diese tangiert nach Meinung des Autors die Grenze zur Diskriminierung von Menschen mit Behinderung. Hier hatte der BVKM angeführt, dass man es Personen der Klassen BC1 bis BC3 salopp gesagt nicht zutraue die Wurfboxen eigenständig zu verlassen und zu betreten. Auf diese Art und Weise wurden Turniere auf internationaler Ebene durchgeführt, um den SARS-CoV-2 bedingten Vorsichtmaßnahmen gerecht zu werden.

In Deutschland wurde jedoch lieber in Kauf genommen, dass sich bei einer nationalen Meisterschaft behinderte Sporttreibende anpassen müssen, anstatt die äußeren Bedingungen den Bedürfnissen der Spieler*innen adäquat zu gestalten. Dies wäre beispielsweise durch die Durchführung als Zweitagesturnier möglich gewesen. Im Übrigen eine Lösung, die auch das Problem der Doppelbelastung hätte adressieren können.